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Nachhaltigere Energieversorgung mit Natrium-Ionen-Batterien

Wo, wenn nicht im universitären Wissenschaftskosmos, entstehen Ideen, die große gesellschaftliche Themen innovativ angehen? Die schöne Vorstellung von einem freudigen Heureka-Moment des oder der Forschenden, der direkt zu einem die Menschheit revolutionierenden Forschungsprodukt führt, ist in der Regel jedoch eher realitätsfern. Denn bei der konkreten Anwendung oder Ausgründung wird es meistens schwierig. Oftmals scheitert die gelungene Markteinführung einer Idee am notwendigen, aber nicht leistbaren Zeit-, Kosten- und Ressourceneinsatz und das Projekt landet in der Schublade.

Hier setzt das Förderprogramm ProValid an, das im April dieses Jahres an den Start gegangen ist. Zielsetzung der Förderung ist die Stärkung des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandortes Berlin. Konkreter: ProValid unterstützt Forschende finanziell dabei, ihre Forschung aus der Schublade zu holen und auf ihre Marktreife zu prüfen.

Im Juni dieses Jahres wurde die erste ProValid-Förderung vergeben: Dr. Günther Thiele, Nachwuchsgruppenleiter am Institut für Chemie und Biochemie der Freien Universität Berlin, erhielt im Juni die berlinweit erste Förderung für sein Projekt Natrium-Ionen-Batterien. Natrium-Ionen-Batterien könnten zur stationären Energiespeicherung dienen und damit zu einer nachhaltigeren Energieversorgung beitragen. Das Projekt entstand durch Zufall in der Grundlagenforschung im Bereich der Material- und Festkörperchemie. Wir haben Gruppenleiter Dr. Thiele zur Antragsstellung und zum Projekt befragt.

Was ist die Idee Ihres Forschungsprojekts? Für welche Problemstellung bietet das Projekt eine Lösung?

Ziel des Projektes ist die Erkundung eines neuen Materials, welches aus Natrium, Eisen und Schwefel besteht. Bisherige Untersuchungen zeigen extrem vielversprechende Eigenschaften für Anwendungen als Batteriematerial. Hierbei werden nicht wie aktuell üblich Lithium-Ionen-Batterien im Fokus stehen, sondern Natrium-Ionen-Batterien. Natrium ist chemisch gesehen der „schwere Bruder“ von Lithium – dafür aber wesentlich häufiger und kann z.B. aus Meersalz gewonnen werden. Auch ist Eisen in Kombination mit Schwefel wesentlich nachhaltiger als das häufig in Lithium-Ionen-Batterien eingesetzte Element Cobalt. Insgesamt soll also der Grundstein für eine nachhaltige Batterietechnologie gelegt werden, basierend auf nachhaltigen, in Deutschland geförderten Ressourcen.

Wie ist Ihre Idee entstanden? Gab es einen konkreten Auslöser?

Unsere Gruppe an der Freien Universität Berlin beschäftigt sich mit Grundlagenforschung im Bereich der Material- und Festkörperchemie. Die Verbindung aus Natrium-Eisen-Schwefel, welche im Projekt untersucht wird, war eine ursprünglich unerwartete, ungewünschte Nebenentdeckung: Ziel der damaligen Untersuchungen war eigentlich eine ganz andere Verbindung. Da in der Grundlagenforschung solche zufälligen Entdeckungen dennoch untersucht und berichtet werden, haben wir die überraschenden Eigenschaften also eher aus Versehen gefunden. Als die Messungen an dem Material jedoch liefen, wurde schnell klar, dass hier mehr Potential vorhanden ist.

Was waren oder sind die größten Herausforderungen im Projekt oder im Validierungsprozess?

Als Grundlagenforscher in der Universität kommt man eher selten mit Fragestellungen der tatsächlichen Anwendung, Patentierung oder Ausgründung in Kontakt. Daher ergibt sich für uns derzeit eine völlig neue Dimension der Materialchemie: von technischen und ingenieurswissenschaftlichen Details der Synthese im Kilogramm- bis Tonnenmaßstab bis hin zu europäischen Chemikalienrechtsvorschriften. Glücklicherweise unterstützt uns hier die Universität mit dem bereits 2006 eingerichteten Transferzentrum „Profund Innovation“, sodass wir nicht allein dieses spannende Unterfangen angehen.

Wie wurden Sie auf die Förderung ProValid aufmerksam?

Durch einen Hinweis unseres Transferzentrums. Wir waren bereits zuvor in engem Austausch. Erst deren Informationsveranstaltung brachte uns auf die Idee, die gefundenen Materialien zu patentieren. Diese sind nicht nur für Batterieanwendungen von Interesse, sondern zeigen auch sehr ungewöhnliche magnetische Eigenschaften. Nachdem wir Preise im Berliner „Research2Market“ und „Forum Junge Spitzenforschung“ mit unserer Idee der Natrium-Eisen-Schwefel Batterien gewinnen konnten, sollte der nächste Schritt der Validierung folgen – sodass die Ausschreibung zu ProValid auch zeitlich perfekt gepasst hat.

Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit mit der IBT? Waren Sie mit dem Antragsprozess zufrieden?

Die erste Nachricht über ein „neues Programm zur Validierungsförderung“ habe ich Anfang April bekommen – drei Monate später haben wir bereits die ersten Untersuchungen zum Projekt durchgeführt. Das ist beinahe Lichtgeschwindigkeit, verglichen mit den typischen Antragszeiten in der Wissenschaft von einem halben Jahr – nach Einreichung! Der Prozess bei der IBT war extrem transparent – es gab immer direkte Möglichkeiten zur Rückfrage und von ein paar initialen technischen Details abgesehen, war der gesamte Ablauf – von Einreichung über Rückfragen der Gutachter bis hin zur Entscheidung einfach und unkompliziert.

Würden Sie die Beantragung von ProValid empfehlen?

Für alle, die erste Arbeiten zu vielversprechenden Projekten haben, aber die tatsächliche Machbarkeit noch nicht vollends gezeigt haben, erscheint das ProValid-Programm ideal. Die Beantragung ist unkompliziert und die zügige Entscheidung ermöglicht es, Ideen direkt weiterzuentwickeln anstatt Jahre auf Förderung zu warten: davon abgesehen kann wirklich der Fokus auf Verwertungschancen und technische Details gelegt werden, was bei der klassischen Forschungsförderung oft nicht der Fall ist. 

Was ist Ihre Vision/Ihr Wunsch für Ihr Forschungsprojekt?

Wenn die aktuellen Untersuchungen zum Natrium-Eisen-Schwefel weiterhin zügig vorangehen, hoffen wir, dass bis Ende des Jahres bereits eine kleine Produktionsstraße in Betrieb ist, sodass wir aus einfachen und nachhaltigen Ressourcen einige Kilogramm pro Stunde erhalten können. Damit sollen dann Praxistests durchgeführt werden, sodass hoffentlich in naher Zukunft eine stationäre Energiespeicherung – zum Beispiel für die sog. Dunkelflauten – mithilfe von Natrium-Ionen-Batterien ermöglicht würde. Die Idee, dass aus fundamentaler Grundlagenforschung ein Beitrag zu einer nachhaltigeren Energieversorgung und damit einem der großen aktuellen gesellschaftlichen Themen beigetragen werden kann, ist sicher der Traum jedes Forschers und jeder Forscherin.

 

Möchten Sie die Förderung ProValid beantragen? Hier geht es zu den Fördervoraussetzungen.

 

Bild: Dr. Günther Thiele und Ali Ghazanfari vor einer sogenannten Handschuhbox (glovebox), in der man unter Ausschluss von Luft-Sauerstoff arbeiten kann. Fotograf: Islam Ramadan

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